Sonntag, 14. September 2014

Was wäre das schlimmste, das passieren könnte?

Vor ein paar Tagen berichtete ich euch von meinem "Waldspaziergang mit der Angst".
Ich glaube nicht wirklich an Zufälle und so beschäftigte mich diese Geschichte noch eine Weile.

Während ich noch ein Stück weiter über's Feld spazierte, fragte ich mich, was mir diese Begegnung wohl sagen sollte. Ich war selber so überrascht über meine selbstverständliche Reaktion dem Mann gegenüber. Hätte er mich nicht auf meine "Angst" hingewiesen, wäre ich vermutlich gänzlich unbeschwert durch den Wald gelaufen.

So scheint es umso wichtiger, wenn Zweifel oder Ängste unsere Wege kreuzen (und das passiert nun mal meistens an irgendeinem Punkt, egal welchen Weg man im Leben geht), nicht permanent nach hinten zu schauen und dabei das Ziel aus den Augen zu verlieren.
Bleib stehen. Halte inne. Frag dich, ob deine Zweifel berechtigt sind. Oft wirst du merken, dass nicht. Oder, dass sie dir mindestens für irgendeine Erkenntnis dienen. Und dann - geh deinen Weg weiter! Und lass dich von Zweiflern nicht beirren.

Es wird sie immer geben, die Männer mit den schwarzen Hunden, die dich für einen kurzen Moment verunsichern, ob dieser Weg nun wirklich gerade der richtige für dich ist.
Und im Zweifelsfall, wenn du zwischen lauter Möglichkeiten hin- und hergerissen bist, frage dich: Was wäre das schlimmste, das passieren könnte?
Während du so damit beschäftigt bist, zu prüfen, ob du auch wirklich den richtigen, sichersten Weg gehst, könntest du stolpern. Du könntest stolpern, würdest hinfallen, dich vielleicht noch mit den Händen auffangen können, aber dich zumindest schmutzig machen. Und dann? Würdest du im Dreck liegen bleiben?
Nein. Du würdest aufstehen, dir den Dreck von den Klamotten klopfen und deinen Weg unbeirrt weitergehen.



Diese Frage hat für mich wirklich etwas verändert in meinem Leben. Ich versuche sie mir regelmäßig bewusst zu stellen (nämlich immer dann, wenn ich merke, ich möchte mich am liebsten keinen einzigen Schritt aus meiner Komfortzone herausbewegen) und wage zu behaupten, ich bin dadurch ein klitzekleines Stück weit zu einem mutigeren Menschen geworden. Okay, bei kleineren Entscheidungen fällt einem das oft leichter als bei großen, (scheinbar) schwerwiegenderen, existenzielleren, kostspieligeren, ...
Aber hey, was wäre das schlimmste, das passieren könnte?

Fehler sind dazu da, um begangen zu werden. Du kannst nicht scheitern, sondern nur an ihnen wachsen und dadurch lernen. Sogesehen gibt es also gar keine "Fehler", wie wir sie im klassischen Sinne auffassen. Sie dienen uns immer dazu, für's Leben zu lernen und über uns selbst hinauszuwachsen.

In diesem Sinne - guten Weg! :-)



P.S. Ich bin sicher die letzte, die sich leicht damit tut, Entscheidungen zu treffen. Aber ich arbeite daran und versuche mir anhand dieser Frage immer mal wieder bewusst vor Augen zu führen, dass es eigentlich keinen Grund gibt, an seinen Entscheidungen zu zweifeln. Das Leben weiß schon, was es will.


Donnerstag, 11. September 2014

Waldspaziergang mit der Angst

Heute ist einer dieser Tage. Du wachst morgens auf und möchtest am liebsten gleich weiterschlafen.
Mein Kopf fühlte sich an, wie in eine Schraubzwinge geklemmt und ich wollte mich keinen Zentimeter bewegen. Seit Tagen nerven mich Nackenverspannungen.
Ich konnte mich auf keine Aufgabe konzentrieren und wusste nichts mit mir anzufangen.
Am PC sitzen? Zu anstrengend. Hinlegen? Kontraproduktiv, um wirklich etwas vom Tag zu haben.
Ich putzte also nach dem Frühstück zunächst mal die Spüle, aber auch das verschaffte mir (Oh Wunder!) keine wirkliche Befriedigung und vor allem keine Freiheit für meinen Kopf.

Ein Blick nach draußen ließ scheinbar anstehenden Regen verlauten, aber ich musste raus. Einfach ein paar Schritte gehen, tief einatmen, Gehirn mit Sauerstoff versorgen, Kopf freikriegen.
Normalerweise hätte ich mindestens mein Handy mitgenommen und spielte kurz mit dem Gedanken, auch meine Kamera unter den Arm zu klemmen. Nur für den Fall, dass... Nein, heute mal nicht, dachte ich mir und ließ beides an seinem Platz liegen. Einfach mal NUR durchatmen.
Ich strakste also los und durchstreifte ein wenig Feld und Wiesen. Ich bog in ein kleines Waldstück ab und genoss schon von weitem den Anblick der dichtstehenden Bäume - ich mag Wälder!
Kaum hatte ich den Waldpfad betreten, erschien aus der Gegenrichtung zwischen all dem Gestrüpp ein Mann mit einem schwarzen Hund. Ich blieb stehen, da der Weg sehr schmal war und betrachtete solange die um mich herumstehenden Bäume. Ich zupfte mir ein Blatt ab und roch daran. Wie intensiv. Wann hatte ich das zum letzten Mal so bewusst getan? Wann hatte ich das je getan...?




Der Mann kam näher, ich grüßte, obwohl ich ihn nicht kannte, und ließ den Hund an meinem Bein schnuppern. Sein Herrchen wollte ihn weiterzerren, doch ich streichelte ihm kurz über den Kopf und er freute sich. Während der Hund sich abwandte, dem Mann weiter zu folgen, fragte dieser mich: "Gar keine Angst hier so alleine?" Ich war überrascht, denn ich hatte bis dato keinen Grund anzunehmen, mir könne hier irgendetwas zustoßen. Noch überraschter war ich wohl allerdings über meine Antwort, als ich ihm wie selbstverständlich "Nöö, wieso?" entgegnete. Zugegeben, ich bin manchmal etwas paranoid, was alleinige Spaziergänge angeht, aber das beschränkt sich eigentlich eher auf Heimwege im Dunkeln.
"Na es gibt ja manchmal so verrückte Gestalten...", sagte der Hundebesitzer, was ich nur lächelnd mit einem "Och..." kommentierte und mich wieder pseudo-interessiert den Bäumen zuwandte. Während er mir einen schönen Tag wünschte, fragte ich mich, ob ich ernsthaften Grund zur Sorge hatte. Mein Kopf hatte längst alle möglichen Szenarien durchgespielt, die er "verrückten Gestalten" womöglich zugetraut hätte. Ich blieb solange stehen, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte. Sollte ich jetzt wirklich weitergehen? Möglicherweise hatte er mit "verrückten Gestalten" in allererster Linie sich selbst gemeint, würde den Hund an den nächstbesten Baum binden, mir heimlich folgen, um in einem unbeobachteten Moment...
"So ein Quatsch", dachte ich und setzte meinen Weg mit etwas mulmigem Gefühl fort. Ich konnte es dennoch nicht lassen, mich auf meinem Weg mehrfach umzusehen. Nur sicherheitshalber...

Nach einem kleinen Stück hielt ich inne. Nichts und niemand war um mich herum zu sehen, nur die Vögel zwitscherten hoch oben in den Baumkronen. Ich spürte, wie fest verwurzelt und gut geerdet ich auf dem weichen, morastigen Waldboden stand. Die Blätter raschelten und sangen ihr ganz eigenes Lied und es fühlte sich an, als bliebe die Zeit stehen. Ich wusste, dass mir hier nichts passieren würde.
Entschlossen setzte ich meinen Weg fort. Als sich der Wald lichtete, war ich zwar irgendwie ein wenig erleichtert, stellte aber fest: "Die verrückteste Gestalt hier bin wohl immer noch ich."
Das Blatt hielt ich immer noch in der Hand.